Jede Stadt hat ihre Geschichte – und diese wird maßgeblich von den Menschen geprägt, die dort leben, arbeiten und sich engagieren. Das gilt auch für Strasburg (Um.).
Am 3. Mai 2025 war erneut Christof Wunnicke zu Gast im Museum der Stadt. Im Mittelpunkt seines Vortrags standen diesmal die 1970er Jahre. Er stellte gezielte Fragen an die Anwesenden, verband deren Erinnerungen mit eigenen Erkundungen und verlieh dem Samstagnachmittag damit eine besondere, persönliche Atmosphäre.
„Das Schönste am Gedächtnis sind die Lücken“, zitierte Wunnicke augenzwinkernd – und bemühte sich an diesem sonnigen Maitag darum, einige davon zu füllen.
Zu Beginn der 1970er Jahre entstanden in Strasburg (Um.) zahlreiche neue Kindergarten- und Krippenplätze. Insgesamt besuchten rund 700 Schülerinnen und Schüler die acht Schulen der Stadt (Stand 1978). Im heutigen Museum wurden bis 1975 regelmäßig erste Klassen eingeschult – bis zur Eröffnung der POS „Wilhelm Pieck“ in der Lindenstraße. Aufgrund der hohen Schülerzahlen war Nachmittagsunterricht die Regel. Abends zog es viele ins Kino (seit 1959 im Neubau „Strali“). Am Wochenende fanden Tanzveranstaltungen, Kulturprogramme und Discos im Kulturhaus statt.
Viele Menschen pendelten damals täglich zur Arbeit – per Bahn, Bus (auch Werksbusse), Fahrrad oder anderen Verkehrsmitteln. Die Sportanlagen waren gut ausgelastet: Volleyball, Basketball, Fußball, Tischtennis, Kegeln, Turnen und Schwimmen zählten zu den beliebtesten Aktivitäten. Auch die 1974 gegründeten Veranstaltungen des Karnevalsvereins fanden großen Zuspruch.
Bereits vor etwa 50 Jahren formierte sich in Strasburg (Um.) eine engagierte Gruppe geschichtsinteressierter Bürgerinnen und Bürger, die ein Museum gründete – mit Unterstützung zahlreicher Spenderinnen und Spender aus der Stadt und der Region. Besonders in Erinnerung bleiben dabei Angelika und Rüdiger Hundt, Elisabeth und Heinz Schulz sowie Inga und Hans-Joachim Splettstößer. Sie richteten die „Kleine Galerie“ ein, in der Werke überregional bekannter Künstler gezeigt wurden – eine Seltenheit in der Region.
Auch die Gastronomie war lebendig: Lokale wie das Bahnhofshotel (ehemals Prange), der Rosengarten, das Volksgarten-Schützenhaus, das Grilleck, der „Jüteritzer Torquell“ oder die Gaststätte „1. Mai“ am Markt waren beliebte Treffpunkte – nicht nur am Wochenende.
Christof Wunnicke betrachtete auch die medizinische Versorgung jener Zeit: zunächst im Landambulatorium, ab 1969 in der neuen Poliklinik. Auch Alten- und Pflegeeinrichtungen, Telegrammdienste (als Alternative zum knappen Telefonnetz) sowie die Einkaufsmöglichkeiten nahm er in den Blick – darunter das „Kaufhaus des Bauern“, das Konsum-Kaufhaus, das HO-Kaufhaus unter Walter Dill, das Modehaus Kopp, das HO-Schuhhaus, das Konsum-Kinderkaufhaus und sechs Bäckereien.
Frau Riedel berichtete, dass das kirchliche Leben nach ihrem Zuzug im Jahr 1975 zunächst fast vollständig zum Erliegen gekommen war, sich jedoch bald wieder erholte. Der Chor wurde neu aufgebaut, Kindergottesdienste fanden wieder statt. Mit Pfarrer Haerter und Frau Annemarie konnten engagierte Persönlichkeiten für die Gemeinde gewonnen werden.
Auch die in den 1970er Jahren errichtete SEB-Kreissiedlung in der Feldstraße unter Leitung von Martin Wilke und des Rates des Kreises war Thema des Nachmittags.
Einige weitere markante Ereignisse dieser Dekade: 1973 feierte die Freiwillige Feuerwehr Strasburg (Um.) ihr 90-jähriges Bestehen, 1975 folgte die 750-Jahr-Feier der Stadtgründung mit einem viel beachteten Festumzug. Zu jener Zeit lebten – Stand 1971 – rund 8.880 Menschen in Strasburg (Um.).
1970 eröffnete Wolfgang Adam eine Fahrschule, die Güter Lauenhagen und Strasburg (Um.) wurden zusammengelegt. 1972 verstarb Otto Naumann, erster Bürgermeister nach 1945, ein Jahr später auch der letzte französisch-reformierte Pfarrer Johannes Hurtienne. Der 2024 verstorbene Pfarrer Fredinghaus wurde 1972 in sein Amt für die Gemeinde Bergholz – auch zuständig für Strasburg (Um.) – eingeführt.
Christof Wunnicke beeindruckte wie immer durch seine kluge, wache und zugleich humorvolle Art. Er verlässt sich nicht nur auf Archivquellen, sondern schöpft gezielt aus persönlichen Erinnerungen – insbesondere von Strasburgerinnen und Strasburgern.
Seit seinem ersten Vortrag im Jahr 2024 im Alten Gemeindehaus hat sich gezeigt: Die Geschichten kommen oft ganz von selbst.
Text/Fotos: Jürgen Salitzky, Vorsitzender des Uckermärkischen Heimatkreises Strasburg e.V.